Ein aktuelles Urteil ist wegweisend für die Equal-Pay-Ziele. Eine Vertriebsmitarbeiterin hatte ihren Arbeitgeber verklagt, weil ein Kollege für die gleiche Arbeit mehr Gehalt erhielt. Aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts begründet weniger Geld für gleiche Arbeit die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts.

Seit vielen Jahren wird über das Thema Equal-Pay gesprochen. Immer wieder beklagen Frauen, dass sie für die gleiche Arbeit weniger Gehalt erhalten. „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ ist auch das Ziel des Entgelttransparenzgesetzes. Alle Unternehmen und Arbeitgeber in Deutschland sind verpflichtet, beim Lohn und Gehalt nicht zu diskriminieren. Leider sieht das, wie in dem aktuell verhandelten Fall, in der Praxis oft anders aus.

Seit 2017 arbeitete die Frau als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb des Unternehmens. Mit dem Arbeitgeber wurde ein Grundgehalt von 3.500 Euro brutto vereinbart. Die Vergütung richtete sich ab dem 1. August 2018 nach einem Haustarif, der für die Tätigkeit der Vertriebsmitarbeiterin ein Grundgehalt von 4.140 Euro brutto vorsah. Da sich durch eine Deckelungsregelung das Gehalt nur um maximal 120 Euro brutto pro Jahr erhöhen darf, erhielt sie ab dem 1. August 2018 nur 3.620 Euro brutto.

Auch der männliche Kollege startete mit 3.500 Euro brutto, erhielt aber bereits im Juli 2018 ein Grundgehalt von 4.000 Euro brutto. Die Begründung des Arbeitgebers war, dass der Kollege eine Position einer besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin übernommen hatte. Der Arbeitgeber zahlte ihm ab dem 1. August ein tarifvertragliches Grundentgelt nach derselben Entgeltgruppe wie der weiblichen Mitarbeiteri, also eigentlich 4.140 Euro. Durch die Deckelungsregelung erhielt der männliche Kollege nun 4.120 Euro.

Die Frau klagte, weil sie sich durch die geringe Bezahlung bei gleicher Tätigkeit diskriminiert fühlte. Erst das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin recht. Das Argument des Arbeitgebers, der männliche Kollege hätte besser verhandelt, lies das Gericht nicht gelten. Dies sei kein zulässiges Unterscheidungskriterium.

Die Vertriebsmitarbeiterin erhielt nicht nur rückwirkend die Differenz zum höheren Gehalt des Kollegen, sondern auch eine Entschädigung in Höhe von 2.000 Euro.

Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2023, Az. 8 AZR 450/21